20.10.08

Ein Finne und vielleicht ein Russe

"...und am Donnerstag", sagte die Liebste, "gehe ich mit meinen Eltern zu den Bochumer Symphonikern" Damit meinte sie nicht diesen Donnerstag, sondern den letzte Woche, denn als sie das sagte war es noch letzten Montag. "Und du kommst mit!", fügte sie hinzu, "Keine Ausreden. Karten habe ich schon gekauft." Hurra, dachte ich - denn immerhin war es nicht Ballett.

"Bochumer Nymphoniker, hä?", sagte ich. "Klingt aufregend." Die Liebste sah mich scharf an. "Nicht Nymphoniker du Blödmann", erklärte sie, "sondern Symphoniker! Die machen Musik. Klassische Musik." Ich senkte mein Haupt. "Schade", sagte ich, "Nymphoniker klang irgendwie viel interessanter." Dabei starrte ich ins leere wie der Typ von Scrubs und stellte mir vor was Nymphoniker wohl auf der Bühne anstellen würden. "Scherzkeks", sagte die Liebste.

Ja und dann, ein paar Tage später, da war es plötzlich letzten Donnerstag und die Liebste und ihre Eltern und ich begaben uns zum Audimax der Uni Bochum wo das Konzert stattfinden sollte. "Was spielen die Nymphoniker eigentlich?", fragte ich unterwegs die Liebste. "Also die SYMPHONIKER spielen zuerst etwas von Sibelius und danach noch ein Werk von Schostakowitsch", erklärte sie. "A-ha!", sagte ich wissend und fragte gleich darauf "Aber kennen muss man die Stücke nicht, oder?"

Nun ja, es gab Leute, die kannten die Stücke tatsächlich, ja sogar die Komponisten. Und so wusste der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Tomi Mäkelä dem Moderator Björn Woll beim Tischgespräch vor dem Konzert so ziemlich alles über diesen Sibelius zu erzählen (was wohl daran lag, dass der Herr Musikwissenschaftler Prof. Dr. Tomi Mäkelä auch die Biographie von dem besagten Komponisten geschrieben hat). Ich persönlich dachte ja Sibelius wäre ein Bösewicht aus der Harry Potter Geschichte - Sibelius Black - aber das war wohl verkehrt denn Sibelius war ein Finne! Und er hat seine Musik so komponiert, dass man darin Finnland hören kann. Die mystischen Wälder, die Seen, die schwere Eisenbahn und den ganzen Kram. Bin ich während dieses Tischgespräches wegen mangelndem Unterhaltungswert noch mehrmals eingenickt so war ich hinterher doch sehr gespannt ob ich denn Finnland in dem Werk was wir zuerst hören würden tatsächlich wiedererkannte. Und dann ging's los...


...und nein, da war von Finnland nichts zu erkennen in dem Stück. Kein Wald, kein See und keine Eisenbahn. Wer diese Dinge darin hören kann hat ganz bestimmt verbotene Substanzen inner Blutbahn. Überhaupt war das nicht so der Hammer. Immer wenn es gerade gut wurde und sich das Orchesta in was steigerte was richtig super hätte werden können, sind alle plötzlich leise geworden damit der wahnsinnige Solo-Geiger eins von seinen unglaublichen Solos abfideln konnte. Der hat's echt drauf gehabt und konnte Sachen, die an Skill kaum zu übertreffen waren. Blöd nur, das richtig schwierige Dinge bei denen Musikerkollegen blass vor Ehrfurcht werden oft total scheisse klingen. Gespräche in der Pause: "War das nicht virtuos?" - "Ja, aber es klang scheisse."

Nach der Pause war es dann vorbei mit Sibelius und es wurde ne Nummer von Schostakowitsch gespielt. Ich glaube der Herr Schostakowitsch war Russe, aber ich könnte mich auch irren. Jedenfalls hat mich sein Stück ganz besonders an diverse Filmmusiken von John Williams erinnert. Ständig hat man Indiana-Jones-mäßige Passagen gehört und andere Teile klangen nach Star Wars. Das wär töfte.
Für Schostakowitsch kamen auch ein paar Musiker mehr dazu als bei der Sibelius-Nummer mitgespielt hatten. Erstmal wurde die dicke Basedrum besetzt und ne Tuba und ein paar Flöten kamen auch noch dazu. Ja und dann gings ab. Dafür hatte sich der Abend dann doch noch gelohnt.

Obwohl so ein bisschen fehl am Platze kommt man sich schon vor wenn bei einem solchen Event über neunzig Prozent der Leute entweder weisse, oder gar keine Haare mehr hatten. Ich sag mal so siebzig Jahre war der Altersdurchschnitt - wenn man das Orchesta nicht mitzählt.
Toll allerdings an den Senioren war das koordinierte Husten. Während die Musik gespielt wurde konnte man ja nicht einfach Husten, Röcheln oder sonstwas. War ja immerhin ein klassisches Konzert, da geht sowas nicht. Also hat der ganze Saal auf einen kurzen Moment der Pause zwischen zwei Stücken gewartet um dann gemeinsam aus voller Seele loszuhusten. Geil! Ich musste gar nicht husten, hab aber trotzdem mitgemacht. Sehr lustig.

Ja, und dann als das Konzert zu Ende war sind wir ganz schlau gewesen und während alle noch zwanzig Minuten weiter geklatscht haben (für jede einzelne Trompete) sind wir schnell rausgehuscht um dem Choas im Parkhaus zu entrinnen das entsteht wenn dann plötzlich alle gleichzeitig weg wollen. Blöd nur, dass wir uns im Parkhaus verlaufen haben und das Auto erst gefunden hatten als das zu vermeidende Chaos schon in vollem Gange war. Egal. Was macht man nicht alles für ein wenig Kulturkeule.

In jener Nacht träumte ich von den Bochumer Nymphonikern. Sie waren alle nackt...!

13 Kommentare:

  1. Das muss Liebe sein!
    Mich hätten sie da nicht angetroffen, obwohl mir auch die Haare ausgehen.
    Nicht's gegen klassische musik, aber einen ganzen Abend lang... danke (vor allem für den Erfahrungsbericht), aber danke nein!

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  2. Wenn Sie Karten für die Nymphoniker wollen.. ich hätte da welche... ;)

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  3. Manno, Sie gehen mit Ihrer Liebsten sogar zu den Nymphonikern. Und der Herr W. wollte mich nicht zum Disturbed-Konzert begleiten. Heißt das, dass er mich nicht liebt?

    Ach, ich will das gar nicht wissen.

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  4. @nw: naja, es war nicht so schlimm wie ich zunächst vermutet hatte.

    @jamez: da möcht ich aber vorher mal fotos von denen sehen...

    @frau w.: ich würde ihnen ja gerne erzählen das der herr w. sie sehr liebt - gerade weil er sie von dieser schrecklichen disturbed-musik-kapelle fernhalten möchte - aber damit würde ich mich womöglich unbeliebt machen.
    und deswegen: hurra, disturbed, voll toll, yay!^^

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  5. Ach, ich weiß nicht, für was ich mich entscheiden sollte, sollte ich mal die Wahl zwischen Disturbed und den Bochumer Nymphonikern haben...

    < /ironic mode >

    \m/(-.-)\m/

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  6. Darf man jetzt noch erfahren, welche Symphonie von Schostakovitsch es war? Ich liebe Schostakovitsch!

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  7. Klassik in Filmen. OK. Klassik in Games. OK. Klassik im Abendprogramm? Niemals!

    Bang 'til Death! ^^

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  8. Also ich wär vorsichtig mit den Nymphonikern. Sie wissen schon. Wegen der href=http://de.wikipedia.org/wiki/Syphillis'>Siphelius ^^

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  9. P.S. Irgendjemand mit HTML Kenntnissen hier? Ich brauch Unterricht. *grummel*

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  10. @ ana... *meld* Du hast, wies aussieht, die Anchor-Tags vergessen. Sollte doch bestimmt so aussehen: < a href = 'http://de.wikipedia.org/wiki/Syphillis ' > Syphillis < / a >

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  11. Ich wär eingeschlafen. 100 pro.

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  12. @frau schmidt: ich habe nie erwähnt das ich eine wahl gehabt hätte!

    @nina: na die eine, die nach indiana jones und star wars klingt. was weiss denn ich von schostakovitsch?

    @madse: wo sie gerade von klassik in filmen reden fällt mir ein, dass ich unbedingt mal wieder clockwork orange anschauen muss.

    @ana: siphelius, hä? vielleicht haben sie recht. den nymphonikern kann man nicht trauen.

    @mys: viele sind tatsächlich eingeschlafen. aber die waren alle schon sehr alt und brauchten ihren schlaf.

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  13. @ Madse: *joah*... irgendsolche doofen Tags oder Nights hab ich vergessen. Ich werd das niemals nie hinkriegen. *heul*

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Ich weiss es ist nich einfach, aber Sie kriegen das schon hin.