15.08.14

Könnte knapp werden

Wenn ich Sie nicht hinterher umbringen soll, dann darf ich Ihnen leider nicht verraten wo Captain Dauerfeuer gerade war oder was er dort gemacht hat. Sagen wir einfach: er war "im Einsatz".
Um ihn herum flogen die Fetzen. Blut. Überall Blut! Und Explosionen. Links "BUMM", rechts "KADDUSCH", vor ihm "WHOOOMP", und hinten "ZIRRRRP-BASH!". Gegen das hier war ein Micheal-Bay-Film ein Kindergarten. Und er mitten drin. Das war sein Job. Das war was er am besten konnte.
Das Feldtelefon war kaum zu hören, denn von dem ganzen Lärm um ihn herum hatte er ein schlimmes Fiepen im Ohr. Glücklicherweise war es auch auf Vibration gestellt und so bemerkte er es doch. Er ging ran.

"Dauerfeuer."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Aha, Sir."
...
"Mmmmmhhh."
...
"Sir?"
...
"Achso, okay."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Kann eigentlich nicht mehr lange dauern, Sir."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Sir, soll ich...?"
...
"Ah, gut, Sir."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Sir, ja gut, Sir."
...
"Okay, Sir."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Dann bis morgen im weißen Haus, Sir. Ich freue mich schon Sie mal wieder zu sehen, Sir."
...
"Ja, ist lange her, Sir."
...
"Sir, ja, Sir."
...
"Ja, Sir. Bis morgen, Sir. Roger, Roger, over and out!" Er legte auf.

Jetzt hieß es hier schnell fertig zu werden und dann rasch zurück nach Washington zu gelangen. Um die Sache zu beschleunigen beschloss Captain Dauerfeuer seine letzte Granate zu werfen. Werfen konnte er gut.
Er traf präzise die Stelle hinter der feindlichen Deckung, die er im Sinn gehabt hatte. Es knallte und Körperteile flogen durch die Luft. So weit so gut.
Durch eine kleine Spalte in seiner Deckung konnte er erkennen, dass nur noch ein Feind am leben war. Allerdings gab es keine Möglichkeit diesem nahe zu kommen ohne dabei selber drauf zu gehen. Seine einzige Chance war das dicke Maschinengewehr.
Er warf einen Blick auf die Munitionskisten daneben.
Circa dreissigtausend Schuss.
Für einen Mann.
Könnte knapp werden.

Wenn es eine Sache gab, die Captain Dauerfeuer nicht gut konnte, dann war es schießen.

05.08.14

Die schwerste Entscheidung seines Lebens

Ein Mann stand am Fenster und blickte gedankenversunken in die Ferne. Sein Büro war oval und auf seinem massigen Schreibtisch stand ein Schild mit der Aufschrift: "Präsident John F. W. President". Es war DER Präsident.

Vom Ende des Flures konnte man ein regelmäßiges Quietschen vernehmen - erst leise, dann stetig lauter werdend. Ein jeder im Weißen Hause wusste Bescheid das die Kacke am dampfen war wenn man dieses Quietschen hörte. Es gehörte zu einem Mann (bzw. seinem rechten Stiefel), den man nur in absoluten Ausnahmesituationen rief. Dieser Mann lief nun eiligen Schrittes den Gang entlang auf das ovale Büro zu.

Der Mann trat ein, schloss die Tür hinter sich, trat vor den wuchtigen Schreibtisch und schlug die Hacken aneinander. "Sir, Mister Präsident, Sir, Sie haben nach mir geschickt, Sir", sagte er fast schon gebrüllt und salutierte dabei zackig.

Präsident President löste seinen Blick von der Ferne und drehte sich um. "Ah, General Quietschefuß", sagte er und setzte sich in einen verdammt bequem aussehenden lederbezogenen Chefsessel hinter dem Schreibtisch, der bestimmt sehr teuer gewesen war. (Also der Sessel... obwohl der Schreibtisch bestimmt auch.)

Normalerweise bot Präsident President seinen Gästen immer einen Stuhl an, denn er war kein Arschloch. Doch er wusste General Quietschefuß war der Typ Mensch, der es bevor zog unbequem zu leben. Deswegen sagte er nur: "Stehen Sie bequem." Und selbst das war schon zu viel verlangt.

"Sir, ich würde lieber weiterhin unbequem stehen bleiben, Sir, Mister Präsident, Sir", bat General Quietschefuß.

"Dann stehen Sie halt unbequem", entgegnete der Präsident, denn er wusste genau obwohl er hier der Chef war, war General Quietschefuß kein Mann dem man Widerworte gab. "Sir, danke, Sir, Mister Präsident, Sir.", sagte dieser. "Darf ich fragen warum Sie nach mir geschickt haben?"

"Zunächst einmal", begann der Präsident, "muss ich darauf hinweisen, dass dieses Gespräch absoluter Geheimhaltung unterliegt." Eigentlich hätte dies gar nicht gesagt werden müssen. Praktisch jedes Gespräch das General Quietschefuß führte unterlag absoluter Geheimhaltung. Selbst als er seiner geliebten Frau damals das Ja-Wort gab war dies geheim und er musste Sie hinterher umbringen. Zur Sicherheit. Jahre lange Praxis hatten gezeigt das Geheimhaltung und Zivilisten nicht zusammenpassen. Eine tragische Geschichte.
Und auch all die vielen Abzeichen auf seiner Brust für seine geleisteten Einsätze waren bei weitem nicht so viele wie die, die er nicht offen auf der Uniform zeigen konnte weil die Aktionen für die er sie bekommen hatte "nie passiert" waren, wenn sie verstehen was ich meine. So ein geheimer Typ war General Quietschefuß. Und dennoch musste Präsident President auf die Geheimhaltung hinweisen weil es das Protokoll so verlangte. Bürokratie halt. "Sir, welches Gespräch, Sir, Mister Präsident, Sir?", fragte Quietschefuß. Der Präsident nickte. "Ich sehe wir verstehen uns."

Auf dem Tisch lag eine Akte auf deren Umschlag ein fetter, roter "TOP SECRET"-Stempel prangte. Präsident President öffnete die Akte, blätterte zwei Seiten weiter und hielt sie dem General hin, der Sie entgegennahm und interessiert studierte während der Präsident die Lage erklärte.

"Es geht um dieses eine Land. Das auf diesem Kontinent, Sie wissen schon. Das Land mit dem wir seit Jahren Krieg führen um das gemeine Volk aus den Fesseln der terroristischen Tyrannei zu befreien."

"Ah, Sir, DAS Land, Sir, Mister Präsident, Sir.", stellte Quietschefuß fest.

"Genau. DAS Land", bestätigte der Präsident. "Wir haben so ziemlich alles versucht um den armen Leuten dort zu helfen. Wir haben Monate lang Bomben auf ihre Städte regnen lassen. Wir haben eine Invasion gestartet und mit unseren Panzern alles weit und breit platt gemacht. Hunderttausende unserer Soldaten habe ich in den sicheren Tod geschickt und es hat alles nichts gebracht. Selbst unsere Präzisionsatombomben waren nutzlos. Bis heute halten sich die Terroristen so verdammt gut versteckt das wir noch nicht einen einzigen von ihnen gefunden haben. Die ganze Sache wird langsam zu kostspielig. Wir müssen es zu Ende bringen. Jetzt!"

"Sir, jawohl, Sir, Mister Präsident, Sir. Die Sache beenden. Eine hervorragende Idee, Sir!" General Quietschefuß legte die Akte zurück auf den Schreibtisch. Er hatte sie in der kurzen Zeit auswendig gelernt.

"General, jetzt sind sie dran. Was schlagen sie vor?", fragte der Präsident.

"Nun, Sir, da all unsere Bemühungen nutzlos waren und wir es uns nicht leisten können weitere Menschenleben und wertvolle Dollars zu verbraten... sehe ich nur einen Ausweg: wir schicken einen Mann. Allein. Und zwar den Besten der Besten der Besten, den wir haben. Er wird die Terroristen finden und auslöschen und das Land befreien. Und falls er unterwegs noch ein paar Massenvernichtungswaffen findet kann er die auch gleich zerstören... oder mitbringen damit wir sie nutzen können. Wie sie wollen, Sir."

"Haben wir denn einen solchen Mann? Jemand, der die Aufgabe bewältigen kann?"

"Sir, es gibt nur EINEN der dazu in der Lage ist."

"Sie meinen doch nicht etwa…?"

"Oh doch, Sir!"

"Ich dachte er wäre nur eine Legende."

"Nein, Sir, Mister Präsident, Sir, er ist sehr real. Und er hat nie versagt."

"Aber...", Präsident President zögerte. "Gibt es denn auch ganz sicher keinen anderen Ausweg? Ist es wirklich so hoffnungslos, dass wir… IHN holen müssen?"

"Sir, ich fürchte es ist so, Sir. Da gibt es wohl keine Alternative."

Der Präsident erhob sich, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und starrte wieder besorgt aus dem Fenster in eine ungewisse Ferne. "Gott steh uns bei", flüsterte er zu sich selbst und neigte sein Haupt. Dann traf er die schwerste Entscheidung seines Lebens.

"Nun gut", sagte der.Präsident. "Schicken sie IHN."

(dramatische Pause)

"Schicken sie Captain Dauerfeuer!"