"...es gab nämlich noch jemanden der am Tatort zugegen war!" Der Staatsanwalt macht eine dramatische Pause. "Hiermit rufe ich Steveland Morris in den Zeugenstand." Ein Raunen geht durch den Gerichtssaal.
Der Zeuge wird in den Raum und zum Zeugenstand geführt wo er Platz nimmt. Der ehrenwerte Richter betrachtet den Zeugen, runzelt die Stirn und sieht rüber zum Staatsanwalt, welcher siegessicher grinst. Dann sieht er zum Rechtsanwalt, der verständnislos mit den Schultern zuckt. Immernoch geht ein Raunen durch den Saal. Der Richter greift den Hammer. *poch, poch, poch* "Ruhe im Gerichtssaal!"
Ruhe kehrt ein. "Würden Sie bitte dem Gericht ihren vollständigen Namen nennen."
"Aber gerne doch. Ich heisse Steveland Hardaway Judkins Morris."
"Und wann und wo bitte wurden Sie geboren?"
"Das war am 13. Mai 1950 in Saginaw, Michigan." Die Protokollistin tippt wie Wild auf ihrem kleinen Gerät herum.
"Mr. Morris, bitte schwören Sie auf die Bibel die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit."
Der Zeuge legt die Hand auf die Bibel, die ihm vom Gerichtsdiener hingehalten wird. "Ich schwöre."
"Ihr Zeuge, Herr Staatsanwalt."
Der Staatsanwalt erhebt sich von seinem Stuhl und geht beudeutungsvoll vor der Juri zweimal auf und ab. Dabei legt er eine Hand ans Kinn und bemüht sich sehr nachdenklich auszusehen. Plötzlich dreht er sich mit Schwung um und visiert den Zeugen an.
"Mr. Morris, waren Sie am besagten Tag am Tatort?"
"Ja."
"Dann sind Sie also der einzige Zeuge. Von ihrer Aussage hängt alles ab." Der Staatsanwalt spricht weiter, nun aber zur Juri. "Was immer Mr. Morris", er zeigt auf den Zeugen, "uns hier und heute erzählen wird entscheidet ob der Angeklagte frei sein wird", dramatische Pause, "oder nicht." Der Staatsanwalt vergewissert sich kurz, dass auch jeder in der Juri das letzte verstanden hat.
Dann setzt er das Verhör fort. "Mr. Morris, was für ein Wetter hatten wir an dem besagten Nachmittag an dem der Angeklagte die Tat begangen hat?" - "Einspruch eure Ehren!" - "Stattgegeben." - "...an dem der Angeklagte angeblich die Tat begangen haben soll?"
Der Zeuge denkt kurz nach. "Es war sehr angenehm warm. Die Sonne schien."
"Aha", sagt der Staatsanwalt und zeigt dabei mit dem Zeigefinger auf, "es war also ein helllichter Tag!" Die Juri starrt ihn an. Der Verteidiger des Angeklagten gähnt.
"Und wo waren Sie, Mr. Morris, als die Tat begangen wurde?"
"Ich habe auf der Parkbank direkt neben dem besagten Tatort gesessen."
"Waren Sie betrunken?"
Der Zeuge stutzt "Öh... nein." - "Drogen?" - "Nein, nein. Ich war völlig nüchtern."
Der Staatsanwalt dreht sich wieder der Juri zu. "Sie haben es selbst gehört. Mr. Morris war ZUR TATZEIT AM TATORT. Es war ein HELLLICHTER TAG. Die Tat geschah quasi DIREKT VOR SEINEN AUGEN. Mr. Morris war WEDER BETRUNKEN, noch auf DROGEN. Betrachtet man all diese Umstände, so MUSS Mr. Morris die Tat GESEHEN haben und WIRD somit auf jeden Fall den ANGEKLAGTEN dort als TÄTER IDENTIFIZIEREN."
Der Staatsanwalt begibt sich zu seinem Platz. "Ihr Zeuge, Herr Verteidiger." Er setzt sich.
Der Verteidiger flüstert dem Angeklagten etwas ins Ohr. Der Angeklagte grinst. Jetzt erhebt sich der Verteidiger und schlendert ganz locker zum Zeugenstand.
"Mr. Morris, wie frag ich das am besten..." Er lässt seine Hand lässig durch die Luft kreisen auf der Suche nach der richtigen Formulierung. "Sind sie blind?"
"Ja aber natürlich bin ich das. Was meinen Sie warum ich diese blöde Sonnenbrille trage und diesen Stab hier."
"Keine weiteren Fragen."
Und so wurde der Angeklagte frei gesprochen weil niemand etwas gesehen hatte. Drei Jahre später wurde er Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Staatsanwalt gab nicht auf und versuchte noch viele Jahre lang Verbrecher hinter Gitter zu stecken. Leider gewann er in seiner ganzen Laufbahn vor Gericht keinen einzigen Fall. Der letzte Angeklagte gegen den er vor Gericht verlor hiess O.J. Simpson.
Der Verteidiger, der im Übrigen schon immer ein Gewinnertyp war, wurde später Milliardär und kaufte sich ein paar Inseln in einer Rechtsfreien Zone im Pazifischen Ozean auf denen heute Server für illegale Internet-Casinos stehen.
Der blinde Zeuge, Mr. Steveland Hardaway Judkins Morris, wurde Musiker. Heute kennt man ihn unter dem Namen Stevie Wonder.
06.02.08
Ein Spruch, euer Ehren!
in Pixel gepresst von Maak einst um 12:48
Rubrik: Geschichten, Seltsam, Stars und Promis
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10 Kommentare:
mein nachbar heißt auch steveland hardaway judkins morris, was für ein zufall. soweit ich weiß, arbeitet er bei der stadtreinigung und kann kein einziges instrument spielen. außer drehorgel, aber das kann ja jeder.
Hmm... Vorblid für ihn
hier? :P
@der.grob: vielleicht kommt er ja auch aus saginaw, michigan. dort kommt nämlich der name steveland hardaway judkins morris so häufig vor wie hier zu lande müller, meier und/oder schmidt.
@adda: wen meinst du? den staatsanwalt oder den verteidiger?
;-)
So viel Text ;-).
Jetzt frage ich mich nur:
Sind das Tatsachen oder sind die Zeilen Deiner Fantasie entsprungen.
@der imperator: ist alles echt bis auf diesen "stevie wonder". den hab ich mir nur ausgedacht.
;-)
Nett! Nur welche Tat hat er den nun nicht gesehen???
@nw: darum geht's doch gar nicht. ist schwer genug ne konkrete tat zu verschweigen bei so nem gerichtsdrama.^^
:-)))))
und wer war der angeklagte?
einer der amerikanischen präsidenten. wenn ich verrate welcher laufe ich leider gefahr vom cia gekillt zu werden.
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