02.03.09

Kaffeefahrt

Am Wochenende rief mich Mike, ein alter Freund von dem ich seit Jahren nichts gehört hatte, an und Fragte ob ich nicht mit ihm eine Kaffeefahrt nach Dänemark machen wollte. Natürlich fragte ich Mike wie er denn auf so eine Idee komme und ob er nicht wüsste, dass man bei solchen Kaffeefahrten total abgezockt wird. Doch das wusste er wohl. Immerhin war er der Veranstalter.

Mike erklärte mir, dass Patrick, sein Partner im Kaffeefahrtengeschäft, überraschend krank geworden sei und er nun dringend Ersatz bräuchte. Der Job sei ganz einfach, sehr lukrativ und am Ende würden wir alle Gewinne der Verkaufsveranstaltung fifty-fifty teilen. Das ganze klang sehr vielversprechend. Eigentlich konnte ich dabei nur gewinnen. Selbst wenn wir nichts verkaufen würden hätte ich immerhin eine Tagesreise nach Dänemark gemacht - für Umsonst! Aber natürlich fragte ich Mike trotzdem erst mal was ich denn zu tun hätte bevor ich zusagte.

Mike erklärte mir genau wie so eine Kaffeefahrt funktioniert. Man lockt die Leute mit extrem billigen Tagesreisen ins nahe Ausland - Kaffee und Kuchen inklusive (daher der Name Kaffeefahrt). Wenn man ein zwei Reisebusse voller Teilnehmer (meist Rentner) hat steuert man einen abgelegenen Ort in der Nähe des Zeilortes an. Dort findet dann ganz überraschend eine Verkaufsveranstaltung statt, bei der den Rentnern der letzte Scheiss für total überzogene Preise angedreht wird. Natürlich muss niemand an dieser Verkaufsveranstaltung teilnehmen, da der Ort aber so abgelegen ist scheint es eine gute Idee dort wenigstens zuzuschauen bis es weiter geht. Tja und wer einmal da im Saal dabei ist, sagte Mike, der kauft garantiert irgendwas. Dafür würde er mit seiner grandiosen Verkaufs-Show schon sorgen. Und es sei unglaublich wie viel Geld man da an diesen ahnungslosen Deppen verdienen kann.

Okay, jetzt hatte Mike mich vollkommen überzeugt und wenn er die Rentner auch nur halb so gut davon überzeugen konnte seinen Kram zu kaufen würden wir sehr reich werden. Trotzdem wusste ich immer noch nicht was meine Aufgabe bei der Sache sein würde. Sollte ich etwa den Bus fahren? Natürlich nicht.

Mike erklärte mir, dass bei solchen Verkaufsveranstaltungen niemand der erste sein will der was kauft. Das hat mit Psychologie und Hemmungen und so zu tun. Sobald aber einer was gekauft hat trauen sich plötzlich alle und kaufen auch. Deswegen bräuchte man einen Initiator - ein Initiator ist jemand, der eigentlich heimlich zum Verkäufer gehört und nur so tut als wenn er ein Reisegast ist. Und wenn der Initiator dann während der Verkaufsveranstaltung merkt dass die Leute sich nicht trauen zu kaufen, dann kauft er was um das Eis zu brechen. Und das sollte ich machen: den Initiator.

Da mir schien, dass das alles Sinn machte und man ja wohl wirklich nicht von einem schweren Job sprechen konnte sagte ich also zu. Und so kam es dann, dass wir am Samstag nach Dänemarkt fuhren. Mike als Reiseleiter (und später als Verkäufer) und ich getarnt als Mitreisender (und später als getarnter Initiator) mitten unter den Senioren. Es war eine schöne Fahrt. Die Rentner waren eine lustige Truppe die immer wieder alte Schlager anstimmte. Die Stimmung war super und es gab tatsächlich Kaffee und lecker Kuchen.

Irgendwann stoppte dann der Bus und wir wurden in eine große Halle geführt. Dort waren jeden Menge Stühle wo wir Platz nahmen. Vorne in der Mitte stand ein Rednerpult, daneben lauter Kartons mit den Produkten, die Mike diesen ahnungslosen Deppen verkaufen würde. Und der legte auch gleich los.

Zuerst preiste Mike seine wundersamen Kissen mit magnetischen Heilkräften (für € 85,-) an. Obwohl es sich eigentlich um ganz normale Kissen handelte, in die lediglich ein Magnetstreifen geklebt wurde, machte Mike eine so verdammt gute Show, dass selbst ich am Ende fast an die Heilkräfte der Kissen geglaubt hätte. Doch genau wie Mike prophezeit hatte traute sich niemand eins zu kaufen. Also sprang ich begeistert auf und rief "Ich kaufe zwei!"

Wie es schien war ich aber nicht überzeugend genug, denn ausser mir kaufte niemand die magnetischen Heilkissen. So schlimm war das aber nicht. Ich würde mich einfach bei dem nächsten Produkt, den original chinesischen Anti-Rückenschmerz-Schuheinlagen (€ 40,-) mehr anstrengen. Leider wollte aber auch die niemand ausser mir kaufen. Überhaupt lief die Verkaufsveranstaltung gar nicht so wie sich das vorher angehört hatte. Irgendwie wollte niemand überhaupt etwas kaufen. Aber auch wirklich so gar nichts! Weder die Regenschirme mit UV-Beschichtung (€ 60,-), noch die Salbe gegen Morgenlatte (€ 50,-) wollten sich verkaufen lassen. Selbst die fleckenabweisenden Tischdecken (€ 40,-), die Energiesparbirnen für Autoscheinwerfer (€ 30,-), die Kaffeemaschinen mit Radio und Digitaluhr (€ 120,-) und sogar die Rheumadecken (€ 70,- und der unschlagbare Artikel der sich sonst eigentlich immer verkaufen lässt) sind wir nicht los geworden. Und das obwohl ich jedes mal als Initiator zugeschlagen habe! Am Ende mussten wir die Verkaufsveranstaltung abbrechen weil ich bereits zweitausend Euro ausgegeben und kein Geld mehr hatte um noch weitere Initialkäufe zu tätigen. Hätte ich doch nur etwas mehr mitgenommen! Ach, es war traurig.

Als wir abends wieder zurück waren fragte ich Mike ob ich was falsch gemacht hätte oder ob Patrick sonst irgendetwas anders machte. Aber Mike sagte ich hätte schon alles richtig gemacht und manchmal läuft es einfach schlecht. Da könne man nichts machen, das wäre aber nicht meine Schuld. Immerhin hatte Mike durch meine Initialkäufe zweitausend Euro eingenommen von denen er mir auch wie versprochen die Hälfte gab. Er schlug noch vor das irgendwann mal zu wiederholen. Vielleicht sei das nächste mal ja mehr Kohle für uns drin. Dann brauste er davon.

Naja. Ich starrte in meine Hand. Tausend Euro. Immerhin...

11 Kommentare:

geschichtenerzähler hat gesagt…

Da gratuliere ich aber herzlichst zu diesem finanziell äusserst "erfolgreichen" Wochenende ;-)

Maak hat gesagt…

@geschichtenerzähler: ja. wenn richtige abzocker richtig abzocken merken die abgezockten gar nicht das sie abgezockt wurden. diese deppen.

Frau Rossi hat gesagt…

Du hast Dir also Deine eigene Wirtschaftskrise gemacht - aber nicht mal mit Black Jack und Nutten...

Das nächste Mal, wenn Du Kohle loswerden willst, geh einfach mit Deiner Holden shoppen!

;-)

Erdge Schoss hat gesagt…

Spitzenmäßig, werter Herr Maak, so können Sie locker pro Monat 4.000 Euro (oder noch mehr) nur an Wochenenden verdienen!

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Maak hat gesagt…

@frau rossi aka tanja: wie kohle loswerden? wir haben doch die gewinne geteilt. trotzdem komisch, dass mir aus irgendeinem grund jetzt tausend euro fehlen...

@erdge schoss: ja. aber das nächste mal nehme ich mehr geld mit damit wir mehr verdienen können. you gotta spend money to make money.

Jamez hat gesagt…

Sie sollten Finanzminister werden. Ich glaub, der Steinbrück hätte diese einmalige Gelegenheit nicht mal erkannt... Meine Steuergelder sind Ihnen sicher... nicht auszudenken, was man da verdienen könnte.
Ich freue mich auch jedesmal, wenn ich in der Bäckerei 3 Berliner kaufe (kaufe 3, zahle 2), obwohl mir nach einem schon schlecht ist.. aber auch wenn ich die anderen beiden dann verschenke oder wegwerfe, habe ich das gute Gefühl, die Bäckerei so richtig gerippt zu haben! :-)

Anonym hat gesagt…

Mensch, Ihre Kontakte möchte ich haben. 1.000 Euro an nur einem Tag. Ich bin neidisch, werter Heer Maak!

Anonym hat gesagt…

Zumindest wird dieser Mann Zeit Ihres Lebens immer Freund bleiben. Und Freunde sind so wichtig.

Maak hat gesagt…

@jamez: aber voll! sie sind ja ein richtiger con-man.

@herr schmidt: darum geht es ja schliesslich hier beim bloggen. anderen zeigen wie toll ich bin damit sie neidisch werden.
sehr gut. wieder einer mehr.

@juf: das hoffe ich. es ist mein einziger freund.

Mr.Elch hat gesagt…

Erinnert mich irgendwie an die kleinen Eifeltürme vorm Eifelturm... die waren teurer als die oben auf dem Eifelturm... waren aber 100% die gleichen...

Nächstesmal können Sie mir die 1000 Euro auch einfach mal vorbeibringen... Dafür backe ich auch meinen spezial Kuchen und ne klasse Torte! Diese Geheim-Rezepte sind auf jeden Fall mehr wert als die läppischen 1000 Euro...

Anonym hat gesagt…

Die Werbung animiert zum Suchen, in der Tat. Um alle Autos da drin zu finden, muss man den mehrmals anschauen.
Der Song ist aber offenbar so gut, und es wird scheinbar so häufig danach gefragt und gesucht, daß man den wohl demnächst - so eine Ankündigung die in YT-Clips dazu zu finden ist - als CD-Single finden dürfte.